Jedes Mal, wenn Islamisten, Bleiwicke oder ETAs unter Zivilisten
ein Blutbad anrichten, zetern die Politiker, als wenn Staaten und
Regierungen nur Gutes tun, und unverständlicher Weise von
sadistischen Einzeltätern heimgesucht werden.
Über Krieg redet niemand. Wir haben auf der Welt ständig Kriege,
in denen Grausamkeiten geschehen, die den heutigen Terror
tausendfach, milionenfach übertreffen.
Wenn Regierungen mit ihren Tötungsmaschinerien, genannt Militär,
nicht selber morden, so betreiben sie doch gute wirtschaftliche
Beziehungen mit Ländern, die offensichtlich terroristisch handeln:
foltern, hinrichten, vertreiben.
Der Widerspruch liegt darin begründet, dass Kriegsherren und
Folterregime von oben handeln, die Terroristen von unten.
Die Fürsten durften früher jagen, die einfachen Leute nicht.
Daher war das Abknallen von Tieren durch den Adel ein Vergnügen, das
Wildern einfacher Leute ein Verbrechen.
Darin liegt auch heute noch der Unterschied: Terror und Amok, das
ist der Krieg des kleinen unanständigen Mannes gegen den großen
unanständigen Mann. Der kleine Mann darf das nicht, was den
Staatsmännern erlaubt ist, ja sogar zu deren Ruhm beiträgt.
Der Geschichtsunterricht der fünfziger Jahre bestand zu großen
Teilen darin, Männer als die Großen zu bezeichnen, die einen Krieg
nach dem anderen geführt haben. Das Morden, Vergewaltigen und
Brandschatzen im dreißigjährigen Krieg geschah, weil die Fürsten
und Kardinäle das wollten und für ihr Recht hielten. Gustav-Adolf
von Schweden beteiligte sich höchstpersönlich an dem Gemetzel. Die
Friedrichs der preußischen Dynastie waren allesamt »groß«.
Kriegführende Präsidenten, Fürsten, Kirchenmänner sind Helden.
Einfache Leute, die morden sind Verbrecher. Nicht die Tat wird
bewertet, sondern der Stand.
Das Empörende an Amok und Terror ist also nicht die Tat an sich,
sondern der Fakt, dass sich Menschen wie du und ich (!) Verbrechen
herausnehmen, die nur der sogenannten Staatsgewalt zustehen. Georg D.
Bush hat hunderttausende Iraker in einem Krieg, bei dem nicht mal die
Begründung stimmte, auf dem Gewissen, er ließ Häuser und die
Infrastruktur eines Landes zerstören. Es waren nicht 80 oder 5 Tote,
sondern einige erhebliche Kommastellen mehr nach rechts.
Die Staatsgewalt wird kaum hinterfragt – es sei denn man
verliert den Krieg.
Die Parallele dazu: Steuerhinterziehung der da oben ist ein viel
höherer Schaden als der, den Hartz-4-Menschen mit Betrug je
anrichten könnten, wenn denn alle das täten. Bezeichnenderweise
wird das von rechts nie kritisiert, sondern immer nur die Taten
derer, die auf der Ebene des kleinen Mannes oder noch darunter
stehen. Verbrechen von Wirtschaft und Staat sind keine oder
verzeihliche Verbrechen (Hoeness).
Dazu kommt noch Rassismus: islamische Terroropfer, darüber wird
nur nebenbei berichtet, groß getrauert wird im sogenannten
westlichen Lager nicht.
Zusammengefasst: die westliche Erregung über Terror und Amok
bezieht sich auf weiß-europäisch-amerikanische Opfer und auf Täter,
denen solche Taten rangmäßig nicht zustehen.
Daher versucht der Daesch ja auch, sich eine staatliche
Legitimierung zu geben und den Terror zum Krieg aufzuwerten, denn
wenn das anerkannt würde, wäre die Welt in Ordnung!
Allerdings: zu einem ordentlichen Krieg gehört eine Armee und
gehören Schlachten und soldatische Opfer. Die Verbrechen an der
Zivilbevölkerung sind ein regelmäßiger Nebeneffekt (Zivilisten
sind außerdem potentielle Partisanen und Oppositionelle) und gehören
zwingend dazu. Nur zivile Opfer, ohne Soldaten, das ist ja kein
richtiger Krieg, und die Taten unterliegen der zivilen
Gerichtsbarkeit.
Deshalb tut man dem Daesch auch einen großen Gefallen, wenn man
den Ausnahmezustand verhängt und Sondergerichte einsetzt. Denn das
wertet den Terrorismus zum Krieg auf.
Frankreich ist auf dem besten Wege dahin.
Kurz gefasst:
Auf diesem Planeten gehören seit je her zur Zivilisation Kriege.
In Kriegen gelten die Zivilgesetze nicht, die Bevölkerung, die
eingezogenen Soldaten, sind der Willkür ausgesetzt. Je weiter
entwickelt die Zivilisation, desto infernalischer und grausamer die
Kriege.
Aber: das ging und geht von Staaten, von Fürsten, Präsidenten
aus. Jetzt verwildert das. Es gibt Banden, es gibt Netzwerke, es gibt
Einzeltäter. Zumal es kein Problem ist, an Waffen heranzukommen.
Das Morden wird
sozusagen demokratisiert.
Damit das Ekelpaar Amok und Terroraus dieser verlogenen Moraldebatte herausgenommen wird,
sollte man das Ganze mal sachlich sehen. Wenn jemand in einem
friedlichen rechtsstaatlichen Land mordet, gehört dieser Jemand nach
den geltenden Gesetzen verurteilt. Dabei ist es vollkommen egal, ob
jemand aus Eifersucht, völkischer Gesinnung oder weil er ins
Paradies kommen will, mordet. Es erübrigt sich dann auch die
gebetsmühlenartige (sic!) Frage, ob der Mord einen islamischen, also
religiösen Hintergrund hat. Dieser Hintergrund sollte für den
Rechtsstaat irrelevant sein, entscheidend ist allein die Tat. Ein
Jahr lang einen Amoklauf planen und durchführen, das ist Mord aus
niedrigen Beweggründen mit klarem Vorsatz. Lebenslänglich. Basta.
Es geht nicht um die Bewertung, sondern darum, Täter einzufangen,
zu verurteilen, unschädlich zu machen.
Die zweite Sachlichkeit besteht darin, dass solche Verbrechen
durch eine übertriebene öffentliche Aufmerksamkeit und
Sensationsgier nicht aufgewertet werden,
und für potentielle Täter
sichtbar ist: es lohnt sich nicht.
Entweder bist du selber tot, oder du stehst nicht als strahlender
Held da, sondern als mieses Schwein (die Schweine mögen mir
verzeihen). Als Lebender wirst du als Verbrecher verurteilt, als
Toter haben alle dich als mieses Schwein, das du bist, im Gedächtnis.
Die dritte Sachlichkeit ist, dass Wirtschaftsbeziehungen mit
Unrechtsstaaten so behandelt werden sollten wie Hehlerei, mit
Mörder-Regierungen wie Beihilfe zum Mord. Denn nichts anderes ist
das. Wer mit Schweine-Regierungen Wirtschaftsbeziehungen unterhält,
ist selber ein Schwein. Geschieht das aber weiter, dann sind die
moralischen Kommentare a la Gauck und Steinmeier nichts anderes als
heuchlerisches Gewinsel.
Terror und Selbstmord
Selbstmord war ein Verbrechen. Der kleine Mann durfte sich nicht
selber umbringen, dann wurde er verscharrt wie ein Verbrecher, und
das galt als Familienschande. Das Recht über Leben und Tod des
Volkes hatten die Fürsten und die Kirche. Der einfache Mensch durfte
seinen Wohnort nicht verlassen, seinen Glauben nicht wechseln,
bestimmte Kleidung war den Fürsten vorbehalten, nicht einmal sein
Körper gehörte dem einfachen Menschen, er durfte sich nicht selbst
entleiben. Letzteres unter Strafe zu stellen, war allerdings immer
schon kompliziert.
Die Terroristen nehmen also dem Staat und den Armeen nicht nur das
Recht auf Mord, sondern die Möglichkeit, den Mord zu sühnen, denn
Selbstmord ist jetzt das Recht des kleinen Mörders, ein Teil seines
beanspruchten Kriegsrechts. Dazu gehört auch, dass Terroristen
bewusst in Kauf nehmen, im Anschluss an die Tat erschossen zu werden.
Sie entziehen sich gleich in zweifacher Weise der
Zivilgesellschaft. Das ist Autonomie.
Selbstmord nach Mord, das
ist eine weitere Demokratisierung des Tötens.
Die Antwort kann darauf nur sein, dass der Rechtsstaat noch mehr
Rechtsstaat wird und ein Vorbild für männliche Helden. Und wenn
schon Held, dann eher so einer wie Batman, der Beschützer. Oder der
effektive Tatort-Kommissar. Geht zur Polizei, Jungs. zeigt dem Bösen
die Kante!
Drohnen auf Zivilisten, das kann es ganz und gar nicht sein, denn
dann ist der Staat nur der besser bewaffnete Terrorist und erkennt
den Terroristen als ebenbürtigen Kriegsgegner an.
Es reicht nicht aus, Amok und Terror moralisch zu verurteilen.
Wir, die Angehörigen einer modernen Gesellschaft, müssen an unserer
eigenen Moral arbeiten. Dringend, zügig und mit konkreten
Konsequenzen.